Stellungnahme zu den Vorwürfen von OB Wolff

Diffamierung, um von eigenen Fehlern abzulenken

Die Zahl der Streuobstbäume in BW ist zwischen 1990 und 2020 von 11,4 auf 7,1 Millionen zurückgegangen. Um dem entgegenzusteuern hat der Landtag am 31.7.2020 das Biodiversitätsstärkungsgesetz verabschiedet, welches u.a. Streuobstwiesen unter einen besonderen Schutz stellt. Seitdem dürfen sie nur noch mit Genehmigung in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden.

 

Dieses Gesetz hatte auch Auswirkungen auf das Genehmigungsverfahren für ein weiteres Gewerbegebiet in Gölshausen. Am 10.8.2020 haben der BUND und der LNV eine Stellungnahme abgegeben unter Berufung auf das neue Gesetz. Der NABU Landesverband hat am 10.5.2022 gegen die Genehmigung zur Rodung der Streuobstwiese durch das Landratsamt (LRA) Widerspruch eingelegt. Wie man behaupten kann „Es kam von dieser Seite aber gar nichts“ ist mir schleierhaft.

 

Der NABU Bretten mit seinen über 700 Mitgliedern und ca. 50 Aktiven ist thematisch sehr breit aufgestellt. Wir haben allein neun Arbeitskreise für langfristige Themen und dazu eine Vielzahl an Projekten. Unsere Aktiven sind mehr als ausgelastet. Bei den Stellungnahmen konzentrieren wir uns deshalb auf die sehr großen Themen, wie z.B. die Südwestumgehung (SWU), bei der wir eigene Bestandserhebungen durchgeführt und mehrere Stellungnahmen abgegeben haben.

 

Der NABU Landesverband hat zwischen März 2021 und Februar 2022 eine Umfrage bei den Landratsämtern durchgeführt, um herauszufinden, ob das neue Gesetz die Wirkung hat, die man sich von ihm versprochen hatte. Ergebnis: Von 54 beantragten Genehmigungen wurde 42 stattgegeben. D.h. die Ausnahme wurde zur Regel. Das Ziel der Gesetzesänderung wurde völlig verfehlt. Das Ergebnis zeigt aber auch, dass dies kein Thema für jede der 230 NABU-Ortsgruppen in BW ist, sondern dass dieses Thema durch den Landesverband bearbeitet werden muss, mit seinen Experten und Anwälten. Von daher unterstützen wir als NABU Bretten unseren Landesverband vor Ort. Die politische und juristische Arbeit macht aber der Landesverband.

 

Am 17.11.2022 hatte die Stadt Bretten einen Antrag auf Sofortvollzug beim LRA gestellt und am 28.11.2022 erfolgte die Rodung der Streuobstwiese. Was in diesen Tagen geschah ist mittlerweile Thema für mehrere juristische Verfahren. Zum einen hat der NABU eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen das LRA Karlsruhe auf den Weg gebracht. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe am 23 . Dezember in einer Eilentscheidung die Aussetzung der Rodung der Streuobstwiese bestätigt. Die Vorwürfe sind vielfältig und schwer: Zum einen wurde der NABU zum beantragten Sofortvollzug nicht angehört, was das Gericht als Verfahrensfehler eingestuft hat. Zum anderen wurde der NABU erst eine Woche nach Gewährung des Sofortvollzugs darüber informiert. Des Weiteren hat das LRA keine eigenständige Entscheidung getroffen, sondern die Ausführungen der Stadt Bretten übernommen. Das Interesse der Öffentlichkeit an einer Erhaltung der Streuobstwiese wurde völlig übergangen. Kurz zusammengefasst: Das LRA hat sich eindeutig illegal verhalten und die Stadt Bretten hat das Ergebnis umgesetzt.

 

Dass es auch anders geht zeigt das Beispiel des LRA Esslingen und der Gemeinde Großbettlingen. Dort wurde der NABU im Vorfeld der Erteilung der Vollzugsanordnung vom LRA beteiligt. Die Gemeinde Großbettlingen hat mitgeteilt, keine vorzeitige Rodung zu betreiben, sondern die gerichtliche Entscheidung über den Eilantrag abzuwarten.

 

Der NABU Bretten hat in den vergangenen Jahren bei vielen Themen eng mit der Stadt Bretten zusammengearbeitet. Ich denke da v.a. an die Biotoppflege, den Sträucher-verkauf, gemeinsame Vorträge, Natur Nah Dran und vieles mehr. Sicherlich gibt es unterschiedliche Meinungen z.B. bei der SWU oder der Beteiligung der Bürger beim Klimaschutz. Jetzt der diffamierende Vorwurf auf ein „perfides“ Verhalten von uns. Das schmerzt und ich frage mich wie OB Wolff sich die zukünftige Zusammenarbeit vorstellt. Ich will hoffen, dass das ein verbaler Ausrutscher war und dass wir auch in Zukunft um der Sache willen auf fachlicher Ebene zusammen arbeiten werden zur Verbesserung des Arten- und Klimaschutzes in Bretten.

 

Norbert Fleischer

1. Vorsitzender NABU Bretten